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“Hohe Ansprüche für beide Achsen” – Gesteins-Perspektiven
Fachzeitschrift: Gesteins-Perspektiven
Ausgabe: Januar 2020
Im Reigen der Optionen für die Bereifung von schweren Fahrzeugen im Steinbrucheinsatz haben Anwender heute allerhand Optionen. Neben Neureifen im Budget- oder Premiumsegment finden gebrauchte Verwendung. Als weitere Alternative besteht zudem auch im groß dimensionierten Segment die Möglichkeit, runderneuerte Reifen aufzuziehen. Im modernen Reifenmanagement können mehrere Argumente dafürsprechen, wie Dirk Unverricht, Mobile Equipment Repair and Maintenance Planning bei der Lhoist Rheinkalk GmbH in den Steinbrüchen des Werkes Flandersbach in Wülfrath zeigt.
Im Devon vor etwa 350 Mio. Jahren hinterließ ein gewaltiges Meer die Reste von Organismen, deren sterbliche Hüllen sich im Laufe der Erdgeschichte zu Kalkstein verdichteten. Heute stehen die mächtigen Riffkalke als wertvoller Rohstoff an der Oberfläche an. Die international aufgestellte Lhoist- Gruppe gewinnt den hochwertigen Kalkstein und veredelt ihn zu gefragten Branntkalk-Produkten – bevorzugt für die nahe gelegene Stahlindustrie im Ruhrgebiet. Genau deshalb wurde der Standort vor über 100 Jahren erschlossen. Über die Jahrzehnte erreichten die Brüche des Werks Flandersbach bis heute maximale Tiefen von über 350 m. Entsprechend anspruchsvoll gestalten sich die Gesteinstransporte von der Gewinnung bis zum zentralen Vorbrecher.
Große Maschinen im Doppelschicht-Einsatz
Die mobilen „Könige“ im Steinbruch sind zweifelsohne die mächtigen Skw. Eine ganze Flotte von zwölf Fahrzeugen fährt in Doppelschichten bis zu 14 h am Tag. Die Cat 777 und Komatsu HD 785 bewegen Nutzlasten bis zu 100 t. Ein Gesamtgewicht von 180 t wird von jeweils sechs Reifen der Dimension 27.00R49 getragen. Pro Fahrt müssen die Kolosse dann Strecken bis zu 5 km zurücklegen und dabei Höhenunterschiede von bisweilen mehr als 100 m überwinden. Auf langen Steigungen und Gefällepassagen gehen die Skw oft ans Limit. Im Alltagsbetrieb werden schon mal Geschwindigkeiten bis 30 km/h erreicht. Besonders wichtig ist in diesem Umfeld die Traktion der schweren Kipper. Kalkstein bildet auf den Fahrwegen bei Nässe schnell einen schlammig-rutschigen Belag, auf dem die zügige Fortbewegung Übung voraussetzt und den Reifen einiges abverlangt. „Und wir haben hier generell nasse Wege, denn bei Trockenheit wird gegen die dann mitunter starke Staubbelastung intensiv gewässert“, so Dirk Unverricht. Bei der Be- und Entladung belasten Rangierbewegungen zusätzlich das Material der Reifen.
Hohe Ansprüche für beide Achsen
Ausgeliefert werden die Neufahrzeuge mit Premiumreifen von Bridgestone, Goodyear oder Michelin. Ohne Havarie laufen die 100-Tonner bis zu 10.000 oder 12.000 Bh auf der Erstausrüstung. Bei etwa 250 Doppelschichten mit insgesamt 3300 h/a ist die OEM-Bestückung rasch aufgebraucht. Für den fälligen Ersatz schöpft Dirk Unverricht die Möglichkeiten unter Berücksichtigung von zeitgemäßer Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit intelligent aus, wobei natürlich die Sicherheit immer mit Abstand an erster Stelle steht: „Für die stark belasteten Vorderachsen setzen wir ausschließlich auf Premiumneureifen auch im Ersatz.“ Auf der Hinterachse der Muldenkipper bietet sich eine höhere Optionsvielfalt. Bereits seit mehr als 20 Jahren werden hier vielfach runderneuerte Reifen von Rösler verwendet. Für den Einsatz liefert Rösler Reifen aus der Produktgruppe Schelkmann. Das Verfahren der Kaltrunderneuerung als sogenannte formunabhängige Runderneuerung wurde von Rösler vor über 50 Jahren entwickelt und hat sich auf schweren Erdbaumaschinen seither bewährt. Bei der Schulter-zu-Schulter-Aufbereitung wird lediglich die Lauffläche neu belegt. Dabei werden bei Rösler am Dortmunder Werksstandort durchgehende Segmente hergestellt und über eine patentierte Verbindungstechnologie mit dem Karkassenunterbau des Bestandsreifens verbunden. „Am Ende erkennt nur der Fachmann die Arbeit, weil der Originalname des ursprünglichen Herstellers auf der Flanke erhalten bleibt“, erklärt Paul Rösler. Je nach Verwendung lassen sich die Eigenschaften des Reifens etwa durch die Gummimischungen und die Profilgestaltung anpassen. Auf den Skw im Werk Flandersbach kommen danach Schelkmann SR63D mit einer speziellen Synthesekautschukmischung zum Einsatz. Das E4-Profil entspricht dabei im Prinzip etwa einem Michelin-XDTTraktionsprofil.
Zukunftsfähiges Potenzial
Es gibt für Dirk Unverricht mehrere Gründe, die für den Einsatz runderneuerter Reifen sprechen. Das beginnt – ganz profan – bei der Verfügbarkeit: „Derzeit ist die Situation entspannter, aber es gab Zeiten, da war der Reifenmarkt stark umkämpft und wir waren mit langen Wartezeiten für Premiumreifen konfrontiert“, erklärt der Instandhaltungsplaner von Rheinkalk. Im Werk Flandersbach wird eine generelle Verfügbarkeit der Fahrzeuge von 93 % angepeilt – und in der Regel auch realisiert. Aus diesem Grund hält das Unternehmen auch eigene Reifen in Reserve. „Wenn etwa bei einer Reifenhavarie auf der Hinterachse eines Skw ein Reifen ausfällt und drei übrig bleiben, halten wir diese Reifen, wenn noch ausreichend Profil vorhanden ist, auf Reserve“, so Dirk Unverricht. Auf die runderneuerten Reifen greift Rheinkalk zurück, weil diese ein hohes Maß an Wirtschaftlichkeit bieten. Im Durchschnitt sind die Reifen etwa 15 bis 20 % preiswerter und gewährleisten zuverlässig 6000 weitere Betriebsstunden. Dabei geht Rheinkalk stets auf Nummer sicher. Für seine Runderneuerungen bietet Rösler den Service, die Reifen abzuholen und auch dieselben Pneus nach der Aufbereitung wieder BEWÄHRT: Die runderneuerten Reifen passen perfekt ins Reifenmanagement von Lhoist Germany – Rheinkalk, finden Paul Rösler jun. (l.) und Dirk Unverricht. abzuliefern. Auch gehen nur die Exemplare in die Runderneuerung, die für geeignet erachtet worden sind. Dazu werden sie zuvor genau unter die Lupe genommen, besonders die verletzungsanfälligen Flanken. „Mitunter sind die Karkassen schon ,weich‘ wodurch das Risiko besteht, dass sich alte Verletzungen im Gummi wieder ,durchpausen‘. Solche Reifen eignen sich dann natürlich nicht mehr für die Runderneuerung“, weiß der Fachmann aus Erfahrung. Für die anderen gilt: „Nach spätestens zwei Wochen sind die runderneuerten Reifen in der Regel wieder montagefertig vor Ort. Das ist für Kunden kalkulierbar“, fasst Paul Rösler zusammen. Last, not least weisen die aufgearbeiteten Produkte von Rösler eine Eigenschaft auf, die schon immer bestand, aber in der jüngsten Vergangenheit zu herausragender Bedeutung kam: Runderneuerte Reifen haben eine hervorragende CO2-Bilanz gegenüber Neureifen. Der Dortmunder Aufbereitungsspezialist Rösler spricht für seine Reifenprodukte von einer Ersparnis bis zu 80 %. Der begleitende Umweltgedanke ist für Lhoist – Rheinkalk schon seit vielen Jahren wichtig, wofür unter anderem auch die mehr als 20-Jährige Geschäftsbeziehung zum Runderneuerer Rösler spricht.